Donnerstag, 28. Juni 2018

Barclay James Harvest ONCE AGAIN

Once Again (40th Anniversary Edition) ★★★★★ von Mclanecxantia am 28. Juni 2018 Epochales monumentales Album von BJH im Stil und Zeitgeist der 70er Jahre ! Aus meiner Sicht das genialste Album. Ich möchte einmal erzählen wie ich zu dieser Erkenntnis gekommen bin. Vor 40 Jahren vielleicht bekam ich in der Schule von meiner Schulfreundin und Sitznachbarin Simone den Tipp doch einmal Barclay James Harvest zu hören. Wie das damals so üblich war kopierte sie mir ihre Langspielplatte auf Musikcassette. Was anderes gab es damals noch nicht. Und Schallplatten im Tornister mit in die Schule zu nehmen und heile wieder nach Hause irgendwann wäre praktisch für die Platte ein Todesurteil gewesen. Ich kann nicht mehr genau sagen was auf dieser Cassette drauf war. Vielleicht Eye of the universe oder andere Scheiben. Jedenfalls überzeugte es mich nicht wirklich. Es klang mir alles zu ähnlich und zu langatmig und ich denke ich war damals noch zu jung. Mein Musikgeschmack war damals in der 7. Klasse einfach noch nicht soweit. Mittlerweile bin ich aber gereift und bin über Nena und Markus, Hermann van Veen über Procol Harum und Styx zu Tracy Chapman und Sally und Mike oldfield, Jean Michel Jarre und TAPP oder Cash und Elvis und highwaymen , Meredith Monk und Jane Siberry zu Vollenweider und Dauner und Neil Diamond und joe Jackson zu Leonard Cohen und Roger Waters gekommen. Eines Tages kam ich im Gespräch mit Simone wieder auf BJH zu sprechen und mit dem Abstand eines 50 jährigen begann ich im Internet zu stöbern. Da traf ich auf dieses Album. Da ich mittlerweile auch ein wenig mit HiFi Komponenten und HIRES experimentierte lud ich mir die FLAC24 Dateien des Albums herunter. Und hörte sie auf meinen Elac Boxen in Zusammenarbeit mit dem kleinen Elac Verstärker über USB eingespielt von einem kleinen Laptop und dem VLC Player als Abspieler. Und das ganze ist ein unglaubliches Erlebnis. Das man hier gar nicht in Schriftsprache wiedergeben kann. HIRES ist der Versuch Musik über CD Qualität auf den HiFi Geräten umzusetzen. Der CD Standard ist alt, entspringt er doch den 80er Jahren. Da liegen also mittlerweile 38 Jahre zwischen der Etablierung des Standards und heutigen technischen Möglichkeiten. Wenn man also eine CD hört, nun es hört sich gut an, aber HIRES ist da nochmal als ob jemand oben einen Deckel wegnimmt der über der Musik lag. Jedenfalls man hat mehr Dynamik und hört mehr Details . Und gerade bei diesem Album ist das niederschmetternd. Das Album gibt sehr gut das Lebensgefühl der 70er Jahre wieder. Vielleicht wisst ihr das nicht, aber 1982 kam die „Machtergreifung“ Helmut Kohls und die dauerte ganze 16 lange Jahre und verwandelte die BRD und auch das Lebensgefühl. Ich habe diese bleierne Zeit überlebt und weiß was sich verändert hat. Die Spießigkeit und lähmende schwere die über allem lag. Die Autos wurden langweilig und begannen sich ähnlicher zu sehen. Neoliberale Kräfte veränderten die BRD von einer sozialen Marktwirtschaft in eine kapitalistische Marktwirtschaft. Statt Glaube und Hoffnung in die Zukunft ersetzten Abwiegler und Miesmacher alle Positionen. Wo vorher noch Jutta dittfurth, Petra Kelly und Fritjof Capra die Zukunft definierten kamen plötzlich Kohl und seine Saumagen und Sesselfurzer in die Machtpositionen. Die RAF war plötzlich nicht mehr da. Es fehlten die politisch scharfen Kolumnen und Analysen, die Kommentierungen von Ulrike Meinhof im Konkret. Spiegel und das ganze Land driftete nach Rechts. Die Grünen wurden nach der Ausgrenzung der Fundis immer konservativer, langweiliger und ein Bodensatz aus übergebliebenen Pfandflaschen a la Joschka Fischer sollten plötzlich das Grüne Gedankengut ersetzen. Für uns praktisch unwählbar geworden. Und die Grünen haben sich ja auch heute mit ihren Koalitionsangeboten an die sterbende Angela Merkel als dermaßen nach rechts gedriftet geoutet. Kurzum. Damals. In den 70er war die bundesrepublikanische Welt davon noch weit, sehr weit entfernt und es schwang eine psychedelische Freiheit in allem mit. 16 Jahre Kohl, 7 Jahre Gerhard Schröder und weitere 14 Jahre Angela Merkel haben dieses Lebensgefühl getötet. Legt man diese Scheibe auf, ist das Lebensgefühl aber plötzlich wieder da. Petra Kelly hält wieder flammende Reden im Bundestag und Ulrike Meinhof schreibt beißende Kolumnen über Kohl und Strauß im Konkret. Möllemann hatte sich noch nicht mit dem Fallschirm bei einem „Einzelstern“ umgebracht und die RAF lebte noch und zeigte der kapitalistischen Großindustrie und den Bankstern die Zähne. Hans A. Pestalozzi hatte sich noch nicht mit seiner Armee-Pistole erschossen und kämpfte noch gegen die Manager in der Migros an. Ein Kampf gegen die Windmühlen des Kapitals. Böll und viele andere kämpften noch gegen Atomstrom und Dietmar Schönherr nannte den amerikanischen Präsidenten im Samstag Abend Programm ein Arschloch. Die Fernsehtalkshows hatten noch was. Es gab Moderatoren die wie Cassdorf und Kuhlenkampf oder Fuchsberger auch mal gegen den Strom schwammen. Und nicht nur angepasste belanglose Schwätzer der Kohl Generation. Das kritische Denken wurde noch gepflegt und nicht verraten. Die Kämpfe aller dieser Freedom Fighter gegen das Establishment sind in diese Musik eingegossen. In den Arrangements gefangen. Wer also wissen will wie die 70er Jahre gewesen sind, kann das gerne mit diesem Album erfühlen. Für mich gehört dieses Album zum Besten was BJH hervorgebracht hat. Ich habe im Nachgang nach 40 Jahren meiner ersten Begegnung mit der Gruppe die Alben alle gehört und nachgearbeitet. Aber dieses Album ist einmalig.